Bewusstsein

Ist Sein bewusst?
Wenn wir bloss wüssten, was diese Welt um uns herum ist und woraus sie gemacht ist. Ich will der Frage nachgehen, ob sie aus Bewusstsein gemacht sein könnte.

1 Zeit

Zeit ist so alltäglich wie seltsam: Sie vergeht immer und sie geht nur in eine Richtung.

1.1 Zeitwahrnehmung

Dabei sind die "Zeit an sich" und die Wahrnehmung der Zeit zwei verschiedene Dinge. Ich beginne mal mit der Wahrnehming der Zeit. Uns kommt eine Zeitspanne kurz oder lang vor, je nachdem worauf wir sie beziehen. Ein Urlaub ist zu kurz, aber die Wartezeit auf den Bus ist zu lang. Eine Sekunde ist schon vorbei, wenn wir sie gezählt haben und die Minute, die wir an der Ampel warten müssen, macht uns manchmal fast wütend.

Unser Zeitempfinden ist irgendwie seltsam flexibel. Ich versuche manchmal, eine Stubenfliege mit der Hand zu fangen, aber die Fliege ist immer schneller. Die Fliege wird also die Bewegung meiner Hand wie in Zeitlupe wahrnehmen und ganz gemütlich ihre Flügel strecken und losfliegen, wenn sie die Bewegung meiner Hand sieht; dabei habe ich doch zugeschlagen, so schnell ich konnte. Die Fliege nimmt also, sagen wir in einer Sekunde, viel mehr Zeit wahr als ich. Wenn sie nach ein paar Wochen stirbt, hat sie wahrscheinlich ein genauso langes und erfülltes Leben gehabt wie meine Grosseltern.
Die Fliege nimmt also in einer Sekunde mehr wahr als ich. Vielleicht dauert im Leben einer Schildkröte ein Jahr nur drei Monate und alle sechs Stunden geht die Sonne unter. Wenn ich diesen Gedanken weiterspinne und mal annehme, auch die Erde habe ein Zeitempfinden und sagen wir ein Jahr in unserem Zeitempfinden sei für die Erde wie eine Sekunde, dann wäre die Erde in ihrer Zeit jetzt 150 Jahre alt. Dann hätte sie seit dreieinhalb Tagen «Mensch» und die Neuzeit, in der die Menschen begonnen haben, Technologie und Maschinen anzuwenden und auf der Erde herumzureisen, hat vor 8 Minuten begonnen. Und so richtig nervig werden wir für die Erde erst seit einer Minute.

Vielleicht fühlt sich die Erde aber noch garnicht so alt. Vielleicht nimmt sie die Zeit noch viel langsamer wahr. Vielleicht fühlt sich sogar das ganze Universum noch «jung». Wenn sich das Universum heute wie ein 14 jähriger Jugendlicher fühlt, dann wären 30 Jahre für das Universum ungefähr eine Sekunde. Ein Menschenleben in drei Sekunden. Die Drehung der Erde um die Sonne würde dann für das Universum einen Ton von 30 Hertz erzeugen – das ist ein tiefes Brummen.

Ich will jetzt die Vorstellung noch weiter treiben. Noch viel weiter: Ich stelle mir gleich vor, ich sei "das Licht". Also das ganze Licht im Universum das sich seit dem Urknall ausgebreitet hat. Also ich stelle mir vor, ich sei das Licht und ich hätte mich in meinem Licht-Bewusstsein in einem Moment überall ausgebreitet. Also die ganzen 14 Milliarden Jahre, die das Universum existiert, seien in meinem Licht-Bewusstsein wie eine Millisekunde. Oder noch weniger. Unmessbar wenig. So wenig wie der kleinste Moment, den ich in meinem Licht-Bewusstsein noch wahrnehmen kann.
Ja gibt es denn einen kleinsten Moment, eine kleinste Zeiteinheit?

Dazu müssten wir uns in die andere Richtung bewegen. Da war ja das Beispiel mit der Fliege, für deren Zeitempfinden einige Wochen wie ein ganzes Leben sind. Denken wir uns etwas noch viel kleineres:
In meiner Jugend gab es noch das populärwissenschaftliche Bohrsche Atommodell des Atomkerns, der von Elektronen umkreist wird. Nehmen wir mal an, so ein Elektron eines Wasserstoffatoms umkreist den Atomkern und eine Umkreisung wäre für das Elektron, als würde ein Jahr vergehen. Ich weiss, dass das Beispiel mehr hinkt, als dass es geht. Das Elektron eines Wasserstoffatoms bewegt sich ungefähr mit einem Hundertstel der Lichtgeschwindigkeit um den Atomkern und umkreist ihn pro Sekunde etwa 250 Billionen mal (wenn ich richtig gerechnet habe…), also mit einer Frequenz von 250 Ghz.
Wenn also das Elektron eine Umkreisung des Atomkerns wie ein Jahr erleben würde, dann würde es in einer Sekunde unserer Wahrnehming 8 Trillionen Sekunden erleben.

Kann man denn überhaupt eine Sekunde in 8 Trillionen Zeitpunkte unterteilen? Und tatsächlich könnte das funktionieren, wenn man sich die Planck-Einheiten anschaut. Die kleinste Zeiteinheit, für die unsere physikalischen Gesetze noch gelten, ist 5,391 247 x 10-41 Sekunden.

Wir könnten nun annehmen, dass die Zeit gepixelt ist und jede Sekunde aus 3 x 1042 «Zeitpixeln» besteht. Der Informationsgehalt eines Zeitpixels müsste dabei den Zustand des gesamten Universums abbilden und auch da könnten wir wieder die Planck-Einheiten anwenden und den Informationsgehalt des Universums in einem Zeitpixel berechnen. Aber die Berechnung erspare ich mir und nenne die Zahl einfach 10y.

Der Informationsgehalt des gesamten bisherigen Universums wäre also 3 x 1042 Zeitpixel x 4.4 x 1017 Sekunden (so lange existiert das Universum) x 10y bit Informationsgehalt pro Zeitpixel. Ok, die Zahl ist ziemlich riesig, aber sie wäre ja noch irgendwie abschätzbar und ich nenne sie jetzt 10z und das wäre die grösste Zahl, die bisher in unserem Universum denkbar ist. Und sie vergrössert sich mit jedem Moment, den das Universum existiert.
Jede Sekunde wächst der Informationsgehalt des Universums um 3 x 1042+y bit

Wenn wir wüssten, wie lange das Universum existieren wird, könnten wir sogar den maximalen Informationsgehalt des gesamten Universums berechnen oder abschätzen und das wäre die grösste denkbare Zahl 10u.
Aber wo kommt die Information her? Entsteht sie einfach aus dem Nichts? Eigentlich kennen wir nichts, das aus dem Nichts entstehen würde. Könnte es also sein, dass all die Information schon im Urknall war?

1.2 Zeitkontinuum?

Wir nehmen die Zeit als ein Kontinuum wahr, obwohl sie anscheinend in winzig kleinen Zeitpixeln voranschreitet. Jedes Zeitpixel wäre also wie ein Frame in einem Film.
Wie hängen die einzelnen Pixel nun zusammen? Wie ist gewährleistet, dass die nicht "durcheinanderkommen"?

Die Struktur, die die Abfolge der Zeitpixel zusammenhält, ist die Abfolge von Ursache und Wirkung. Auf jedes Zeitpixel mit seinen 10z bits Information kann nach dem Ursache-Wirkung-Prinzip nur genau ein Zeitpixel folgen. Dann wäre unsere Welt deterministisch und auch in der "Zukunft" könnte auf ein Zeitpixel immer nur genau ein anderes folgen, das die Bedingungen von Ursache und Wirkung exakt erfüllt.
Unterliegen denn wirklich alle Veränderungen dem Ursache-Wirkung-Prinzip?
Unterliegt auch unser Bewusstsein diesem Prinzip?

Wenn die Zeit aus Pixeln besteht, wie der Film, der aus Frames besteht, dann müsste es ja einen "Taktgeber" geben, der bestimmt, wie schnell die Zeitpixel aufeinander folgen.
Beim Film sind es die Frames pro Sekunde.

Aber wir reden ja hier über die Zeit "an sich". Es gibt keine Zeit, die die Geschwindigkeit steuert, wie schnell die Zeitpixel aufeinander abfolgen. Die Zeit, die wir messen können definiert sich dadurch, dass nach 3 x 1042 Zeitpixeln eine Sekunde vergangen ist. Und dann kommen wir mit unserem Zeitempfinden, das sich wie ein Kontinuum anfühlt und sagen, ok nach 3x10^42 Zeitpixeln ist eine Sekunde vergangen. Die Schildkröte hingegen würde sagen, in ihrem Zeitempfinden ist eine Sekunde erst nach 12 x 1042 Zeitpixeln vergangen.

Als ob wir die Zeitpixel zählen könnten!

Fortseztung folgt...